- reziprokes Gitter
- reziprokes Gitter,mathematische Konstruktion, die ein wichtiges konzeptionelles Hilfsmittel der Festkörperphysik darstellt und breite Anwendung in der Kristallstrukturanalyse findet, z. B. bei der Auswertung von Röntgenbeugungsdiagrammen. Das reziproke Gitter leitet sich vom Raumgitter eines Kristalls ab als Anordnung von Punkten, die jeweils einer Netzebene des eigentlichen Gitters entsprechen. Die Basisvektoren b1, b2, b3 des reziproken Gitters sind definiert alswobei a1, a2, a3 die Basisvektoren des Raumgitters und Vz = a1 · (a2 × a3) das Volumen der Einheitszelle sind. Damit gleichwertig ist die Bedingung ai · bk = 2πδik (i, k = 1, 2, 3, δik Kronecker-Symbol). Das ganze reziproke Gitter wird durch Translationsvektoren der Formaufgespannt; n ist der größte gemeinsame Teiler der ganzen Zahlen m1, m2, m3, sodass h, k, l teilerfremde, ganze Zahlen sind. Ein solcher reziproker Gittervektor G steht senkrecht auf der durch ihre millerschen Indizes (hkl ) festgelegten Netzebenenschar. Für den Abstand dhkl zweier benachbarter Netzebenen gilt dabei dhkl = 2π / |G |.Das reziproke Gitter gibt gleichzeitig den Raum der Wellenvektoren k beziehungsweise der ihnen zugeordneten (Quasi-)Impulse an, der für die Erfassung von Streuprozessen in Festkörpern wesentlich ist (k-Raum, Impulsraum, reziproker Raum). Die Beugungs- oder Reflexionsbedingung z. B. für Röntgenstrahlen, die sowohl die Laue-Gleichungen als auch die Bragg-Gleichung umfasst, lässt sich in diesem Raum besonders einfach formulieren: k0—k = G (k0 Wellenvektor des einfallenden Strahls, k des gebeugten/reflektierten Strahls). Große Bedeutung bei der Beschreibung von Quasiteilchen, insbesondere auch im Bändermodell der Elektronen, hat die erste Brillouin-Zone des reziproken Gitters (nach L. Brillouin). Als Elementarzelle entspricht sie der Wigner-Seitz-Zelle des Raumgitters und wird analog zu dieser um einen Punkt des reziproken Gitters als elementares Polyeder mit minimalem Volumen konstruiert.
Universal-Lexikon. 2012.